Kinderreporterin Clelia (11)
Kinderreporterin Clelia (11)
besucht die 6. Klasse des Gymnasiums Altona.
Im Interview
Harry-Potter-Fan
Clelia liest gern, reitet und spielt Basketball

Reitsport ist die beste Medizin

Clelia hat nach Ferien auf dem Ponyhof das Reiten als Hobby entdeckt. Wie gesund es ist, hat die Kinderreporterin im Gespräch mit Dr. Julia Schmidt überrascht. Die Fachärztin für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin im UKE Athleticum bietet eine Sprechstunde für Profireiter:innen an.

Clelia: Haben Sie selbst eigentlich noch Zeit zum Reiten?

Julia Schmidt: Tatsächlich schaffe ich es nurnoch am Wochenende, aus der Stadt in den Stall aufs Land zu fahren. Aber dann merke ich immer wieder aufs Neue, wie viel Kraft ich hier schöpfe und wie entspannt ich danach bin.

Arbeiten Sie mit den Menschen auch direkt am Pferd?

Wenn mir in meiner Freizeit bei Reiter:innen falsche Haltungen oder Umgangsweisen auffallen, spreche ich sie direkt darauf an. Abermeistens kommen die Menschen zu mir in die Sprechstunde im UKE Athleticum und bringenhäufig Videos von sich auf dem Pferd mit.

Dr. Julia Schmidt
Dr. Julia Schmidt
leitet im UKE Athleticum eine Sprechstunde für Profireiter:innen
Im Interview
Menschen- und Pferdeliebe
kann sie in ihrem Beruf miteinander verbinden

Mit welchen Anliegen kommen die Menschen zu Ihnen?

Da Pferde Fluchttiere sind und nicht unsere Sprache sprechen, bringt das Reiten ein gewisses Verletzungsrisiko mit sich. Menschen, die zu mir kommen, sind vom Pferd gefallen oder getreten worden, haben Knochenbrüche oder Schäden an Wirbelsäule oder Becken erlitten. Manche suchen mich aber auchauf, weil sie nicht gut auf dem Pferd sitzen können oder mit der Hüfte einknicken. Dann schauen wir, was wir verbessern können. Es gibt zudem leidenschaftliche Reiter:innen mit chronischen Erkrankungen wie etwa Arthrose, die den Rat erhalten haben, nicht länger zu reiten. Ich bin der Meinung, dass sie sich nicht damit abfinden müssen, denn: Reitsport ist die beste Medizin. Beim Reiten werden schließlich acht Mal so viele Muskeln trainiert wie beim Joggen.

Woraus besteht Ihr Trainingsprogramm für Pferdesportler:innen?

Wer zum Beispiel einmal pro Woche dasselbe Pferd auf dieselbe Art und Weise reitet, benötigt ein Ergänzungstraining.Weil wir beim Reiten vor allem Stoßbewegungen abfangen müssen, kommt der Rumpfstabilisierung dabei eine große Bedeutung zu. Auch die Oberschenkel und Waden werden stark gefordert, was zu Beschwerden führen kann – dann sind Ausgleichsübungen sinnvoll. Unter dem Titel „Athletisch im Sattel“ habe ich ein paar Empfehlungen für passendes Training zusammengestellt, die es online und als Flyer gibt.

Auf was sollte man beim Hobby-Reiten achten?

Vor allem ist es wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, dass man es mit einem Lebewesen zu tun hat, ein sensibler Umgang mit dem Pferd ist daher unabdingbar. Und man sollte auf die richtige Ausstattung achten, immer mit festem Schuhwerk in den Stall gehen, niemals den Helm vergessen und spätestens bei Ausritten eine Weste tragen, die den Brustkorb schützt. Was ist Ihre Aufgabe im UKE Athleticum? Gemeinsam im Team kümmern wir uns um verschiedene Patient:innen zu unterschiedlichen Fragen rund um Sport und Bewegung.Wir helfen ihnen mit Diagnostik, Therapie, Kursen oder Beratung.

Mögen Sie eine bestimmte Art des Reitens am liebsten?

Die Vorbilder meiner Jugend waren Dr. Rainer Klimke und Nicole Uphoff – von den olympischen Reitdisziplinen mag ich das Dressurreiten am liebsten. Angefangen habe ich allerdings mit dem Voltigieren, als ich etwa fünf Jahre alt war, das erste Mal auf dem Pferd saß ich im Alter von drei Jahren.

Warum sind Sie Ärztin statt Reiterin geworden?

Tatsächlich hat es am Ende für den Profireitsport nicht gereicht. Zwar habe ich es bis zur Deutschen Jugendmeisterschaft geschafft, obwohl ich nie ein eigenes Pferd besessen habe und Reiten ein teures Hobby ist. Zunächst hatte ich überlegt, Tierärztin zu werden. Das Herumfahren im Auto liegt mir aber nicht. Entschieden habe ich mich dann für Unfallchirurgie, Orthopädie und Sportmedizin, womit ich rückblickend sehr zufrieden bin. Schließlich darf ich jetzt unter anderen Reiter:innen medizinisch beraten und begleiten.

Begleiten Sie Profireiter:innen auf Turniere?

Als Verbandsärztin berate ich viele Profireiter:innen medizinisch. Dabei bin ich auch hin und wieder mit meinem Medical Team auf Turnieren dabei. Hier können sich die Reiter:innen beispielsweise im Zelt physiotherapeutisch behandeln lassen.

Und behandeln Sie auch andere Sportler:innen?

Wir betreuen ein breites Spektrum an Menschen aus sehr unterschiedlichen Sportarten – etwa die Profis und den Nachwuchs vom HSV, aber auch viele Triathlet:innen, Tennis-, Golf-, Hockey-Spieler:innen – und Sportler:innen mit Handicaps, was wirklich bereichernd für uns ist.

Für mehr Glück der Erde: Tipps zum Pferde...

· Als Rechtshänder:innen immer von der linken Seite ans Pferd herantreten, um bei Bedarf mehr Kraft aus der bevorzugten Körperhälfte mobilisieren zu können

· Den Führstrick oder die Longe niemals um das Handgelenk wickeln, sondern immer mit der Führungshand lose und zusätzlich ein weiteres Stück mit der anderen Hand halten; springt das Pferd weg oder scheut, im Zweifel immer lieber loslassen

· Abäppeln von Box und Gasse immer aus gebeugten Knien statt aus dem Rücken heraus und wegen der Unfallgefahr nur, wenn das Pferd nicht ebenfalls in der Box ist

· Vor dem Hufe Auskratzen vom Pferderumpf aus bis zum Bein streicheln – dann erst den Huf zum Auskratzen anheben

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Text: Kathrin Thomsen, Fotos: Eva Hecht